Name und Alter: Bo, Ende 20
Persönliche Situation: konträr zum hetero-bürgerlichen Idealbild in der österreichischen Wissens-/Gesellschaft; stark in Ostösterreich verwurzelt
Werdegang: Bachelor und Master in einem SoWi-Fach (beide in Wien), seit 3 Jahren Doktorand mit selbstfinanzierter Dissertation und thematisch unabhängigen Projektanstellungen
Anstellungen: 4 Jahre Praedoc: zweistellige Anzahl an Projektverträgen, eine Handvoll Lehrverträge
Bos akademische Biografie verlief bis zum Ende seines Masterstudiums erfolgreich und sehr linear. Sehr früh (als Bachelorstudent) wurde er sogar durch glückliche Umstände bereits Co-Autor eines wissenschaftlichen, peer-reviewten Artikels. Trotz Pandemie fand er durch die Unterstützung eines Professors einen nahtlosen Übergang in die akademische Arbeitswelt. Die Welt der großen EU-Projekte war für ihn anfangs noch aufregend und stimulierend. Jedoch merkte er nach dem ersten Jahr, dass die Fassade langsam bröckelte. In seiner Naivität sah er nicht, dass seine Persönlichkeit schnell durch die Projekte vereinnahmt wurde. Seine Kreativität diente nun plötzlich überwiegend der Bewältigung von Projektkrisen (meistens durch verbesserungswürdiges Projektmanagement hervorgebracht). Seine Vorliebe für fokussiertes Arbeiten wurde zweckentfremdet, um (nicht offiziell anerkannte) Überstunden und phasenweise ‚heroische‘, unmenschlich anmutende Aufgaben zu legitimieren. Kulturell fühlte sich Bo nach und nach fehl am Platz. Seine Neugier ließ angesichts einer gewissen Projektrationalität nach. Durch seine nicht-bürgerliche Situation kommt er sich noch immer wie ein Fremder in seinem Arbeitsumfeld vor. (Er hat auch zunehmend das Gefühl, dass Chancen eher nach bevorzugten Identitäten verteilt werden.) Die kurzen Verträge wurden zu halbjährlichen Zukunftsängsten. Die Projektarbeit zu einem Wechselspiel aus Bore- und Burnout. Die Dissertation zu einer Art Hausaufgabe zwischendurch. Zurück bleibt ein müder, ausgebrannter Bo, mit einem einzigen peer-reviewten Artikel, den er mit 21 Jahren in einem anderen Fach mitveröffentlicht hat.