Oranger Kreis mit NUWiss Schriftzug, darunter rund um den Kreis "Unterbau Linz"

Der Wettbewerbsdruck an Unis verstärkt soziale Ungleichheiten (Bericht Podiumsdiskussion 14.3.)

„Mehr als Geld: Was braucht gute Wissenschaft?“ Diese und weitere Fragen erörterten die Teilnehmerinnen einer Podiumsdiskussion mit über 70 Zuhörer:innen am 14. März 2024 an der JKU Linz. Organisiert wurde die Veranstaltung von Unterbau Linz (NUWiss) und der Gewerkschaft des wissenschaftlichen und künstlerischen Universitätspersonals (GÖD OÖ)

Auf dem Podium saßen Brigitte Aulenbacher (JKU), Theresa Hager (JKU und NUWiss), Ursula Rami (JKU) und Angelika Schmidt (WU Wien und GÖD), während die Veranstaltung von Carina Altreiter (WU Wien und AK Wien), einer Wissenschaftlerin, die bestens mit der prekären Arbeitssituation an Unis vertraut ist, moderiert wurde. Die Diskussion drehte sich um Karrieremöglichkeiten, Arbeitsbedingungen, Hierarchie und Demokratisierung, wobei die Podiumsteilnehmerinnen die Situation des wissenschaftlichen Personals und der Wissenschaft aus ihren Positionen bewerteten. Ihre Aussagen waren vielschichtig und anregend, teilweise auch kontrovers.

Von links: Carina Altreiter, Theresa Hager, Brigitte Aulenbacher, Angelika Schmidt und Ursula Rami.

Es gab unterschiedliche Sichtweisen auf Problemlagen, aber auch auf Entwicklungspotenziale. Die Soziologin und Ungleichheitsforscherin Brigitte Aulenbacher wies auf Ambivalenzen in der historischen Entwicklung der Universitäten hin: Die sich derzeit immer stärker unternehmerisch verstehende, auf outputorientiertes Publizieren fokussierte Universität schaffe zwar durch externe Projektfinanzierung ein professionelleres Umfeld und öffne sich für junge Menschen. Sie schaffe aber auch viele prekäre Beschäftigungsverhältnisse. Theresa Hager schilderte ihre Situation als projektfinanzierte Nachwuchswissenschaftlerin mit Betreuungspflichten, die zwar gut publiziere und bereits Fördermittel einwerben konnte, aber ihren befristeten Vertrag und die unsicheren Zukunftsperspektiven als demotivierend und vor allem beängstigend empfinde. Die Organisationssoziologin und JKU-Senatsvorsitzende Ursula Rami thematisierte die Schwierigkeit der befristet beschäftigten Kolleg:innen, sich an der Gremienarbeit beteiligen zu können. Um in der Selbstverwaltung mitarbeiten zu können, brauche es längerfristige Verträge, um sich zur Wahl stellen zu können, viele wüssten aber schlichtweg gar nicht wie und wo sie sich einbringen könnten. Die Organisationsforscherin und Gewerkschafterin Angelika Schmidt hob den Betriebsrat hervor. Dieses Gremium ist das demokratischste Beteiligungsinstrument an der Universität und gemeinsam mit der Gewerkschaft die zuständige Organisation, wenn es um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen geht. Hier gebe es auch vom österreichweit agierenden Netzwerk Unterbau Wissenschaft (NUWiss) richtungsweisende Impulse und gute Unterstützung. Sie kritisierte die Autonomie der Universitäten, da es nur wenigen bislang gelinge, eine gute, halbwegs nachvollziehbare und transparente Personalpolitik zu machen.

Die Diskussion zeigte, dass eine generelle Erhöhung der staatlichen Grundfinanzierung unumgänglich ist, um der strukturellen Unterfinanzierung zu begegnen. Notwendig sei aber auch eine detaillierte Überprüfung und Hinterfragung der Mittelverwendung an den Universitätsstandorten und damit verbunden eine transparente und nachhaltige Personalpolitik und die Begrenzung der Befristungsquoten für alle Beschäftigungsgruppen an Universitäten. Es könne nicht sein, dass 80 % des wissenschaftlichen Personals befristet beschäftigt sei. Daueraufgaben in Forschung und Lehre erfordern Dauerstellen, wobei das Augenmerk auf die Gestaltung attraktiver Beschäftigungsverhältnisse – über alle Qualifikationsstufen hinweg – gelegt werden müsse. Ziel der Veranstaltung war es, für die Notwendigkeit von Veränderungen zu sensibilisieren und den inneruniversitären Dialog zu fördern, der den Weg für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Entwicklung in der Wissenschaft ebnet. Dringender Handlungsbedarf ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Forderung nach einer offenen und vielfältigen Universität gegeben, schließlich war man sich einig, dass prekäre Arbeitsverhältnisse für weniger privilegierte Personengruppen schlichtweg „nicht leistbar“ sind.